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ANMUT UND BEWEGUNG

Von der Anfertigung eines Armbandes.
Oder vom Schmücken des Handgelenkes.

Die Handfessel ist für mich einer der schönsten Körperteile überhaupt.
Ich wollte ihn eigentlich immer frei lassen.

Ganz kurz vor Weihnachten 2022 bekam ich einen Anruf, es würde bitte zum 1. Jänner 2023, wenn möglich, ein Armband gebraucht.
Am liebsten ein Panzerarmband. Mittig ein sehr großer klarer Aquamarin.
Für eine wunderbare Frau.

Aber eigentlich hatte ich keine Lust. Ich mag nämlich keinen Panzerketten. In meiner Erinnerung sehe ich sie an Großmüttern, jüngeren Frauen, deren Ehemänner sich in die Zeit der Großmütter zurücksehnen und… an tätowierten Motorradfahrern und an MagGyver.

Lauter Stilrichtungen, denen ich nicht unendlich nacheifere und die ich auch gestalterisch nicht nachempfinden kann.

Gesagt muss werden, dass mein Kunde eigentlich Grund dazu hatte, ein Panzerarmband zu wollen. Seine Frau hatte eines zur Geburt ihrer Tochter bekommen, das Stück kam abhanden und er wollte seiner Frau die Freude machen, es zu ersetzen. Und dieses Panzerarmband muss wohl sehr schön gewesen sein.

Ich habe mich also ins Zeug gelegt und wider Willen ein Panzerarmband gesucht.
Früher gab es in Deutschland eine bedeutende Anzahl an Firmen, viele davon in Pforzheim, die in Meterware Ketten aller Art hergestellt haben.
Fuchsschwanzketten, Schlangenketten, Ankerketten, Schiffankerketten, Ballonketten, Zopfketten, Fischgratketten, uvm.
Lauter Namen, die einen neugierig machen und träumen lassen.

Heute gibt es 2-3 Firmen im ganzen deutschsprachigen Raum, die noch Ketten selbst herstellen. Innerhalb dieser wenigen Firmen hat sich das Angebot auch noch verkleinert. Und wenn eine Maschine kaputt geht, lohnt es sich oft nicht diese zu erneuern.

Ich habe gewissenhaft alle Firmen kontaktiert und mich über die Verfügbarkeit informiert.
Ein Stück Kette ließ ich kommen und war vom Niveau der Handarbeit alles andere als begeistert.
Ich fasste mir ein Herz und rief meinen Kunden an.

Ich entschied mich dazu, ihm einfach zu sagen, dass ich kein Panzerarmband machen will. Und im entspannten Gespräch und im gegenseitigen Verständnis kamen wir zu dem Schluss, dass ich ein ganz neues Armband persönlich für seine Frau entwickeln würde.

Er gab mir Stichwörter. Eigentlich fast poetische Anstupser, wie sich das Ding dann am Ende anfühlen sollte. Und er zeigte mir, daß er mir ganz vertrauen würde.

Das ist ein großes Glück für mich als Goldschmiedin.
Dann auch für den Kunden. Doch das kann er ja zu dem Zeitpunkt nur hoffen und ahnen.
Mein Wunsch, etwas Wunderschönes anzufertigen war entbrannt.

Und dafür Zeit und Mühe nicht zu scheuen auch.

Begonnen habe ich mit Skizzen.
Vom Panzeramband ausgehend dachte ich an viele Glieder.

Ein Spaziergang durch die Danner Rotunde in der Pinakothek der Moderne (das Mekka der Schmuckkunst) war mir dann auch noch Wegweiser.

Binden – Zusammenfügen – Gestalten am Arm.
Aus Messing fertigte ich verschiedene Teststücke an. Alles aus Messing und Silber.

Kurz bevor ich einen Termin zum Vorzeigen meiner ersten Entwürfe hatte, überfiel mich dann die ganz plötzliche Lust noch diese hier unten abgebildeten Teile zu machen. Es war Fasching und ich begann auch bissl mit meinem Werktisch zu blödln.

Zwischendurch verließ mich der Mut und ich rollte es ein!

Konnte mich aber wieder erheitern und diesen Entwurf noch für den Kundentermin vorbereiten.

Ja, das Arbeiten mit Gold ist echt ein Dialog!
Da suggeriert einem das Gold Dinge wie ein Flüstern ins Ohr.

Ich legte alle drei Entwürfe vor. Das ist immer sehr spannend. Wird es passen? Habe ich die Proportionen richtig gewählt? Kann sich mein Kunde vorstellen, was ich mir vorstellen kann? Also, es war ein erfolgreiches Treffen und ganz klar war, dass das letzte Armband das richtige sein würde. Allerdings in stärkerem Material.
Es ist immer wieder erstaunlich, was das ausmacht.
Auch für mich nach über 20 Jahren des Goldschmiedens.

Ich freute mich nun auf die endgültige Anfertigung. Und meine Kunden erst recht. Ein passender Cabochon Aquamarin sollte noch für die Mitte gefunden werden.
Die Oberfläche des Goldes stark gehämmert, wie die Bewegungen der Wasseroberfläche am See.

Die Suche für den Stein war länger als gedacht. Aquamarine in Top Qualität (Farbe, Klarheit, Feuer, Schliff) sind gar nicht sooo leicht zu finden und vor allem werden die meisten gleich facettiert geschliffen, weil das mehr hermacht. Oder zumindest es die meisten heutzutage so empfinden. Unser Geschmack ist da sehr modeabhängig. Auch bei Schmuck.

Schlussendlich konnten wir den richtigen Stein finden. Die Fassung dafür zu bauen, war dann ein erleichterter Spaziergang und die Übergabe bei uns im Laden in Nymphenburg ausgelassen und voll des Glücks für beide Seiten.

Es war toll, diesen handwerklichen künstlerischen Weg zu gehen! DANKE!!!

Und dass ich diese wunderschöne Frau schmücken durfte! Eigentlich ist sie ja eine Königin, jetzt und schon immer.

Und am Ende muss ich sagen:

Gerade weil das Handgelenk einer der schönsten Körperteile überhaupt ist, gehört er geschmückt 😉

Nun lasse ich noch die Kundin zu Wort kommen:

„SENSATIONELL!!!!

Und dieser Verschluss!!!!! 
Hut ab, da ist dir ein GANZ großer Wurf gelungen!!!
Gratuliere zu meinem dollen Armband!!!

Es ist einfach hinreißend wunderschön, sehr speziell, elegant, modern und doch irgendwie auch klassisch, aber nicht in einem spießigen Sinn, zeitlos und innovativ – hach, ich komm aus dem Schwärmen gar nicht heraus!
Einfach wundervoll!!!!!!!!“

Wir freuen uns auf die nächste Armschmuck Kreation!

SIDE EFFECT: Was aus einem der anderen Entwürfe entstand und sich geschmeidig an der Haut schlängelt…

Text und Bilder von AgnesMaria Steinmetzer